Erinnerungen von Überlebenden des Konzentrationslagers Ravensbrück

Mittwoch, 5.8.

Das Jugend-KZ Uckermark lag in unmittelbarer Nähe des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück, auf dessen Gelände sich heute die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück befindet. Die beiden Konzentrationslager standen in Verbindung miteinander, was sich z.B. darin zeigte, dass die Aufnahmeprozedur für junge Frauen und Mädchen, die ins Jugend-KZ Uckermark gebracht wurden, in Ravensbrück stattfand. Das Jugend-KZ wurde 1942 von Gefangenen des KZ Ravensbrück erbaut. Ab Januar 1945 wurden Gefangene aus Ravensbrück in den Vernichtungsort Uckermark gebracht und dort ermordet.

Ingelore Prochnow und Ilse Heinrich haben das Konzentrationslager Ravensbrück überlebt. Sie engagieren sich seit vielen Jahren in der Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis e.V. (LGRF). Die LGRF setzt sich seit Mitte der 1990er Jahre aktiv für einen Gedenkort auf dem Gelände des ehemaligen KZ Uckermark ein. Ilse Heinrich und Ingelore Prochnow stehen der Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark auch persönlich nahe, teilten ihre Erlebnisse und Gedanken auf Bau- und Begegnungscamps und bei Gedenkfeiern. Wir sind ihnen dankbar, dass sie so mutig mit uns über ihre Geschichten sprechen und möchten heute einige ihrer Berichte teilen und Einblicke in ihre Biografien geben. Wir können dieses Jahr leider nicht wie sonst gemeinsam mit ihnen am Gedenkstein stehen, aber unsere Gedanken sind bei ihnen – und auch bei all den anderen, die im KZ Ravensbrück inhaftiert waren und leiden mussten.

Ingelore Prochnow

„Mit Kopf und Herz müsst ihr die Erinnerung wachhalten, sie kann und darf nie als abgeschlossen gesehen werden. Niemand von uns, der heute hier ist, trägt Schuld an dem, was damals passiert ist, doch wir alle tragen Verantwortung dafür, dass so etwas nicht vergessen, verharmlost oder gar geleugnet wird.”

Ingelore Prochnow wurde im April 1944 im Konzentrationslager Ravensbrück geboren. Ihre Mutter war am 01.12.1943, zu diesem Zeitpunkt im 5. Monat schwanger, in Ravensbrück interniert worden. Ingelore Prochnow war Tochter einer Gefangenen und selbst Gefangene in Ravensbrück. Zusammen mit ihrer Mutter wurde sie im April 1945 auf den sogenannten „Todesmarsch“ gezwungen. Am 2. Mai 1945 wurden sie von der Roten Armee in Malchow befreit.
Ingelore wuchs in Pflegefamilien und unter Vormundschaft des Jugendamts auf und wusste selbst lange wenig über ihre Eltern und ihre Herkunft. Seit 1986 forscht sie zu ihrer Geschichte. In eigenen Worten beschreibt sie diese in einer Lesung. Der Beitrag ist in dem Buch „Kinder von KZ-Häftlingen: eine vergessene Generation“ (Hg. Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis e.V., 2011) erschienen:

Das Gedenken an die Kinder, die in Ravensbrück interniert wurden und von denen nur sehr wenige überlebten, liegt Ingelore besonders am Herzen. Hier möchten wir eine Rede veröffentlichen, die sie zur Einweihung der Gedenktafel für die Kinderhäftlinge in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück am 17. April 2011 gehalten hat. Wir bedanken uns herzlich, dass sie uns die Rede zur Verfügung gestellt hat.

Außerdem findet ihr hier zwei Redebeiträge von Ingelore Prochnow, die sie anlässlich der Befreiungsfeiern am Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark 2018 und 2019 gehalten hat:

Die Rede von Ingelore Prochnow anlässlich der Befreiungsfeier 2020 ist im Podcast [ab Min. 2:34 ] zu hören.

Liebe Ingelore, vielen Dank für deine Worte und all dein wichtiges antifaschistisches Engagement!

Aktuell entsteht ein Dokumentarfilm über und mit Ingelore. Ankündigungen von Filmvorführungen usw. werden unter http://gedenkort-kz-uckermark.de zu finden sein.

Ilse Heinrich

»Denn das darf niemals vergessen werden. Solange wir leben, sollen die Menschen uns fragen, denn wir kennen die Wahrheit!«

Ilse Heinrich wurde am 17. Juli 1924 in Hornstorf geboren. Nach dem Tod ihrer Mutter wurde sie von der Frau ihres Vaters gezwungen, die Schule abzubrechen und auf einem Bauernhof zu arbeiten. Von dort aus flüchtete sie immer wieder, so wurden die nationalsozialistischen Behörden auf sie aufmerksam. Ilse Heinrich wurde als „arbeitsscheu“ stigmatisiert, musste Zwangsarbeit leisten und wurde 1944 in das Frauen-KZ Ravensbrück deportiert. Nach der Befreiung durch die Rote Armee hatte sie ein weiteres schlimmes Erlebnis, was ihr Leben nachhaltig prägte. In den 1950er Jahren gründete sie in Berlin eine Familie, wo sie bis heute lebt. Ilse Heinrich engagiert sich seit vielen Jahren als Zeitzeugin und stand in enger Verbindung zu Charlotte Kroll (1922-2016), ebenfalls Überlebende des KZ Ravensbrück, mit der sie gemeinsam in Schulen Zeitzeuginnengespräche führte. Hier findet ihr ein Porträt über Charlotte Kroll.

Ilse und Charlotte besuchten immer wieder Gedenkfeiern zum Tag der Befreiung des ehemaligen KZ Uckermark und Baucamps der Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark. Für ihr unermüdliches Engagement sind wir ihnen sehr dankbar.

Ein ausführlicheres Portrait zu Ilse Heinrich findet sich auf der Webseite der Stiftung Denkmal.

In dieser Dokumentation über das KZ Uckermark und die Kategorisierung als „Asozial“ (2006) von Andrea Behrendt erzählen Ilse Heinrich und Anita Köcke über ihre Internierung und Zeit im KZ Uckermark.

In dem Film „Die Frauen von Ravensbrück“ trägt die Regisseurin Loretta Walz Erinnerungen von 200 Frauen zusammen, die das KZ Ravensbrück überlebt haben.